FrauSuchtZukunft
Verein zur Hilfe suchtmittelabhängiger Frauen e.V.
Soziale Arbeit in der Krise – 27 Jahre Café Seidenfaden, Arbeit und Beschäftigung für Frauen*
Die Auswirkungen der Corona – Pandemie auf das Café Seidenfaden
Das Café Seidenfaden ist auf den Tag genau 27 Jahre in Berlin Mitte am Hackeschen Markt aktiv. Wir haben in den vergangenen Jahren ca. 1400 Frauen bei der Integration in das Arbeitsleben unterstützt. Wir sind eine Einrichtung des Trägers FrauSuchtZukunft - Verein zur Hilfe suchtmittelabhängiger Frauen e. V.
FrauSuchtZukunft ist bundesweit der größte Frauensuchthilfeträger. FrauSuchtZukunft hält Angebote in den Bereichen Beratung und Therapie, Wohnen und Arbeit bereit. Da süchtige Frauen* meist Gewalt in ihren vielfältigen Formen erlebt haben, ist es ein essenzieller Bestandteil des Trägerkonzepts, dass Frauen* einen Schutzraum zur Verfügung haben.
Das Café Seidenfaden ist berlinweit das einzige Angebot, das langzeitarbeitslosen Frauen* mit Sucht- und/oder psychischen Problemen in einem geschützten Rahmen Arbeitserprobung und Beschäftigung ermöglicht. Die Mitarbeiter*innen verfügen über langjährige Erfahrungen in der Unterstützung dieser Zielgruppe. Arbeit und Beschäftigung haben neben einer tagesstrukturierenden Funktion auch den Sinn, sich dazugehörig zu fühlen und die eigenen Möglichkeiten und Stärken wieder neu kennenzulernen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der psychosozialen Stabilisierung und der Abstinenzerhaltung.
Gesamtgesellschaftlich befinden wir uns in einer Ausnahmesituation -
die gastgewerblichen Betriebe in Berlin hatten und haben mit massiven Umsatzeinbrüchen aufgrund des Coronavirus zu kämpfen. Die psychosoziale Hilfelandschaft kämpft an vielen Fronten das bewährte System aufrechtzuerhalten und sich auf die veränderten Anforderungen einzustellen. Und nicht nur in der Suchthilfe lastet ein enormer Druck auf den Frauen*, die unsere Unterstützung und Parteinahme verdienen. Gerade jetzt wurde deutlich, wie wichtig tagesstrukturierende Beschäftigungsangebote sind.
Das Café Seidenfaden wird öffentlich gefördert und erwirtschaftet Einnahmen im Café und im Catering, immer mit dem Ziel sinnvolle Beschäftigung und nachhaltige Perspektiven für die Zielgruppe zu schaffen. Da Beschäftigungs- und Qualifizierungsangebote der Suchthilfe jedoch meist eine Kombination aus unterschiedlichen Fördermitteln und Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit sind, greifen die bisherigen öffentlichen finanziellen Unterstützungsleistungen zu kurz und können von den Trägern kaum in Anspruch genommen werden.
Schon immer gehören viel Engagement und Herzblut dazu, diese Projekte aufrechtzuerhalten. Aber ohne diese, wäre die Suchthilfe um einiges ärmer und Investitionen in Beratung und Therapie würden ein oder das andere Mal öfter in Rückfällen enden.
Da das Café Seidenfaden als Teil eines gemeinnützigen Vereins keine Gewinne, sondern lediglich Mittel zum Selbsterhalt des Projekts erwirtschaftet, kann das Projekt in diesen Zeiten nicht auf Rücklagen zurückgreifen. Es wird als soziales Projekt, das anderen, komplizierten Finanzierungsmodellen und nicht den Vorteilen der freien Marktwirtschaft unterliegt, viel schwerer als andere Betriebe in dieser Branche getroffen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein soziales Projekt in Zeiten von Corona von allen Nachteilen der freien Marktwirtschaft getroffen wird, ohne jemals Vorteile dieser zu erleben. Diese Situation ist absurd.
Fakt ist, dass das Projekt ohne Unterstützung nicht weiter existieren kann.
Wir fragen uns: Ist es gewollt, dass eine soziale Einrichtung, ein mehrfach anerkanntes und gelobtes Arbeits- und Beschäftigungsprojekt für süchtige Frauen* bestraft wird, weil es so mutig war am Markt tätig zu sein und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für unsere Zielgruppe zu schaffen.
Wir hoffen, dass wir in diesen Zeiten nicht zu Bittsteller*innen werden müssen, die grundlegend dafür sorgen müssen, die Bedeutung sozialer Arbeit vor allem während einer Krise zu betonen.
Die Schließung des Café Seidenfaden würde den Wegfall von
- zehn sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen für ehemalige Klient*innen
- 14 Arbeitserprobungsplätzen für langzeitarbeitslose süchtige und/oder psychisch kranke Frauen
- vier § 16i Stellen und einer §16e Stelle
- und von ca. 20 training on the job Plätzen in Küche, Service und Hauswirtschaft im Rahmen des ESF-Projekts tiebrA – Berufliche Teilhabe bedeuten.
Deshalb unsere Forderung: Lassen Sie den seidenen Faden nicht reißen, unterstützen Sie uns bei einer zukunftsfähigen Lösung.
Unterstützen Sie den Erhalt von Frauenarbeitsplätzen und verhindern Sie, dass durch Arbeitslosigkeit und Verlust von Tagesstruktur, erhöhte Rückfallgefahr und Perspektivlosigkeit Frauen* wieder in alte Rollenklischees gedrängt werden.

K. Sonn I Geschäftsleitung

D. Rünger I Einrichtungsleitung
Berlin, 20.07.2020
Dircksenstr.47
10178 Berlin
Fon: 03028599451